Benni-Mama (Pseudonym): „Grosse Ärsche auf kleinen Stühlen“

Geschichten von der Kita-Front

Benni-Mama (Pseudonym): „Grosse Ärsche auf kleinen Stühlen“ (Sachbuch)

Mit einer grossen Portion Humor berichtet die gerne anonym bleibende „Benni-Mama“ vom Kita-Alltag. Von Bio-Bärbel, iDad, Ex-Alexa und zwei standfesten Erzieherinnen, welche die „Wilden Schlümpfe“ tagtäglich im Griff haben. Eltern-Stellungskrieg at its best!

Von Tamara Beck.

grosseärscheaufkleinenstühlenDieses Buch ist eine wahre Freude! Obwohl wir in der Schweiz eine derartige Kita-Situation kaum kennen, können wir bestens nachvollziehen, in welchem Sumpf die Autorin landete, als sie für ihren Schlumpf einen Kita-Platz bei den „Wilden Schlümpfen“ erhielt. Wozu übrigens lediglich ein geschenkter Tampon notwendig war – dazu aber später mehr.
Die Situation ist in Deutschland für arbeitswillige Eltern teils sehr wenig zufriedenstellend. Kitas sind Mangelware, die Wartelisten länger als eine Rolle Klopapier. Wer sich nicht schon in der 2. Schwangerschaftswoche um die Suche kümmert, wird es schwer haben. Die Autorin glaubte das zuerst nicht, wäre aber wenig später bereit gewesen, ihre Seele zu verkaufen für einen Platz. Nur wer genug Geld oder Talent hat, erhält eine ernst zu nehmende Chance auf einen Platz. Ein Dutzend Kitas hat die Autorin besucht und den Grossteil ihrer Freizeit mit Baby dafür geopfert, um die regelmässigen Anrufe zu koordinieren, die nötig sind, um das Interesse auf einen Platz und damit den Platz auf der Warteliste aufrecht zu erhalten.

Süffisant und kurzweilig

Schliesslich hilft sie in der Warteschlange an der Kasse unwissend der Erzieherin einer Kita mit einem Tampon aus und bekommt tags darauf die Zusage für einen Kita-Platz. Und zwar in einer sogenannten Elterninitiativ-Kita, in der die Eltern mitbestimmen – und vor allem mithelfen, und zwar regelmässig und handfest – mit Putz- und Kochdienst, Mitorganisation von Wandertagen, Weihnachtsfeiern und dergleichen und regelmässigen Elternabenden. Was vor Ort unter Eltern und Kindern so „abgeht“, berichtet Benni-Mama in der süffisanten und äusserst kurzweiligen Lektüre. Die Charaktere, wahrscheinlich leicht überzeichnet, wachsen einem während des Lesens so richtig ans Herz: Bio-Bärbel, die sich mit einer gehörigen Portion Fanatismus für das körperliche Wohl ihres Sohnes einsetzt und für „Grünkernfrikadellen an Wurzelgemüse“ statt Nudeln mit Tomatensauce plädiert, Krümel-Mama, deren Sohn an multiplen Allergien leidet und die an einem Kindergeburtstag nach ihrem Alkoholkonsum ins Waschbecken kotzt, iDad, der innert mehrerer Wochen eine furchtbare Website für die Kita kreiert, ansonsten aber nicht viel leistet und der verwitwete Luzi-Papa, das „Objekt diverser Patchwork-Fantasien“ der anderen Mütter.

Nur noch Benni-Mama

Aus wohl gutem Grund will die Buchautorin anonym bleiben, sie scheint allerdings, natürlich, eine der vernünftigsten Elternteile der Kita-Kinder zu sein. Ihr Name scheint den Erzieherinnen tatsächlich nicht bekannt zu sein, wird sie doch an der Weihnachtsfeier von einer angeheiterten Erzieherin gefragt, wie sie eigentlich heisse. Seit der Geburt sei sie nur noch Benni-Mama, ein Leid, das wohl viele Mütter teilen. Und so geht sie leidgeprüft durch alle möglichen „Kita-strophen“ von Kopfläusen über üble Gerüchte bis zu Horror-Ausflügen ans Mittelalterfest, welche die Kinder nachhaltig traumatisieren.
Benni-Mama organisiert einen stink-normalen Kindergeburtstag, sorgt dafür, dass ihr Mann sich am Handwerker-Tag einbringt (ein Fiasko, da bei der Bewerbung natürlich alle über ihre Fertigkeiten gelogen haben) und beteiligt sich, nicht ganz ohne Schadenfreude, selber am Auswahlverfahren um neue Kita-Bewerber. Nachdem sich ihr Mann am Ende ein Geschwisterkind wünscht, bleibt uns nur eins: Hoffen auf Teil II von „Grosse Ärsche auf kleinen Stühlen“.


Titel: Grosse Ärsche auf kleinen Stühlen. Eine Kindergarten-Mutter packt aus!
Autorin: „Benni-Mama“
Verlag: Fischer, Frankfurt am Main
Seiten: 208
Richtpreis: CHF 14.90

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