Frederik Hetmann (Hrsg.): „Wie Frauen die Welt erschufen“

Die Wiedergeburt der weiblichen Schöpfungsmythen

Frederik Hetmann (Hrsg.): „Wie Frauen die Welt erschufen“ (Sachbuch)

Die Urmutter, die Meerfrau, die Göttin über Leben und Tod. Rund um die Welt wurden Geschichten über die grossen weiblichen Gottheiten überliefert. Trotzdem sind die meisten dieser Schöpfungsgeschichten in Vergessenheit geraten. Frederik Hetmann holt sie aus dem kollektiven Vergessen zurück in die Gegenwart.

Von Melanie Martin.

wiefrauendiewelterschufenWer ist ihnen nicht schon in Märchen, Museen oder Büchern begegnet: den Frauen, die die Welt erschufen. So der Titel der neu aufgelegten Sammlung von Frederik Hetmann. Geboren als Hans Christian Koch, publizierte der im Jahr 2006 verstorbene Sprach- und Politikwissenschaftler zahlreiche Bücher zu Märchen und Volkserzählungen. Es waren jedoch seine Jugendbücher, für die er zweimal mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Seine neu aufgelegte Sammlung an Texten zur weiblichen Schöpfungsmythologie geht zurück auf die Originalausgabe aus dem Jahr 1999.

Global und allmächtig

Unterschiedlichste Geschichten aus der ganzen Welt trifft man bei der Lektüre von „Wie Frauen die Welt erschufen“: von Tiermythen bis zu Schwangerschaftsmythen, von Isis bis zu Lilith, von Asien bis zu Afrika, Amerika und Europa. Eine spannende Neuinterpretation von Adam und Eva ist dabei auch eingeschlossen. Ein faszinierendes Sammelsurium an Erzählungen und Gesängen, das einen Einblick in eine wenig bekannte Thematik ermöglicht: die weibliche Schöpfungsgeschichte.

Schweizer Literatur inbegriffen

Die Kapitel sind kurze Einheiten, die unabhängig voneinander gelesen werden können und in deren Mittelpunkt jeweils eine spezifische Geschichte steht. Übersetzungen der Originaltexte werden mit Erläuterungen und Erklärungen versehen. Fussnoten mit Hinweisen auf weitere Literatur erlauben je nach Bedürfnis eine vertiefte Auseinandersetzung. Interessanterweise trifft man oft auch auf weiterführende Schweizer Literatur. Die Kapitel sind zudem in zwei übergeordnete Themenbereiche unterteilt: „Zeugnisse“ und „Spuren der Göttin“. Einige wenige Bilder ergänzen die Texte mit visuellen Impressionen. Die Sprache ist nicht sehr komplex und doch nicht einfach zu lesen. Das Fazit: wir haben es hier mit einer klar strukturierten und wissenschaftlich ausgerichteten Publikation zu tun.

Fehlender Funke

Zugegeben, die Sammlung ist vielseitig, spannend und schliesst eine Lücke im bestehenden literarischen Angebot. Trotzdem scheint der Funke  nicht zu zünden. Zu lose sind die Texte zusammengefügt und zu wissenschaftlich der Zugang für ein nicht-akademisches Publikum. Die zahlreichen Namen von Gottheiten schwirren einem entgegen und ein Zugang zu den einzelnen Mythen ist bei der Kürze der Kapitel schwierig. Liegt die Begründung für diese Schwierigkeiten allenfalls darin, dass der Autor sich selbst auf „der Suchfahrt nach dem Bild der weiblichen Schöpfungsgottheit“ befindet und Gottheiten, ob männlich oder weiblich, schlussendlich jenseits des Fassbaren sind? Wie dem auch sei, die Leserschaft wird sich bei dieser Publikation mit einzelnen Fragmenten begnügen müssen. Das Ziel, die weiblichen Gottheiten aus der Vergessenheit in die Gegenwart zu holen, ist Hertmann damit jedoch durchaus gelungen.


Titel: Wie Frauen die Welt erschufen: Mythen, Märchen und Legenden
Autor: Frederik Hermann (Hrsg.)
Verlag: Unionsverlag
Seiten: 256
Richtpreis: 19.90.- CHF

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