Halo 5: Guardians

„Sie müssen das nicht alleine machen, Chief.“

Halo 5

Drei Jahre lang wussten die HALO-Fans nicht, wie es weitergehen würde rund um John-117. Nun – mit Halo 5: Guardians – erscheint endlich die Fortsetzung und RUDOLF INDERST hat sich freiwillig zum Dienst gemeldet. Halte durch, Cortana, er ist bereits unterwegs…

Wie schrieb ich so selbstverliebt im Dezember 2012? „John-117, der ewig-funktionierende Soldat, entdeckt plötzlich eine andere Seite an sich. Es ist mehr als nur Pflichtgefühl, wenn er Cortana um jeden Preis „heilen“ möchte. Er betrachtet seine Begleiterin als wertvoll, jedoch als Persönlichkeit und weniger als einfache Technologie-Ressource. Als er sie zum vermeintlich letzten Mal (interessanterweise zum ersten Mal in erotisierender und erotisierter Menschengröße) sieht, stürzt direkt nach dem Verschwinden sinnbildlich seine Welt zusammen, und er befindet sich im freien Fall ohne Halt und Stütze.“

Und genau hier nimmt die Erzählung von Halo 5: Guardians ihren Anfang – beim Pflichtgefühl (und der unausgesprochenen platonischen Liebe) für die weiblich-anmutende Begleiter-AI des Master Chief: Nachdem ein unerwarteter Angriff auf die Koloniewelten dem Frieden ein jähes Ende setze, entschließt sich John-117 einem mysteriösen Ruf Cortanas zu folgen, statt sich zum Dienst zurück zu melden – sein überloyales Team Blau folgt ihm. Dieses unerlaubte Entfernen ruft Team Osiris auf den Plan, die damit beauftragt werden, den Chief zurück zu holen. Riecht nach Ärger.

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Während man als Spieler also abwechselnd für Team Blau und Team Osiris antritt und dabei neuerdings auch rudimentär Zugriff auf sein Feurteam hat mittels schlichter Befehle wie „Feuer auf markierten Gegner konzentrieren“ oder „Ich bin getroffen und brauche Hilfe“, dreht sich das galaktische Chaos-Rad unaufhaltsam weiter – und Cortana spielt dabei eine entscheidende und wirkmächtige Rolle. So viel sei verraten: Nicht weniger als die Neujustierung und Re-Organisierung des gesamtuniversären Miteinander steht zur Debatte.

Halo 5: Guardians erzählt eine etwa sechsstündige Geschichte über Loyalität und gleichzeitig über fragliche Vision. Oder ist es doch nur das soapartige Palim-Palim eines (noch) unverheirateten Mannes, der zwischen der eigenen Mutter und der Ehegattin in spe ständig hin- und herpriorisieren muss, um nicht den häuslich-familiären Reibungen zum Opfer zu fallen? Anders als viele andere Media Outlets (das wollte ich einfach immer schon ernsthaft schreiben…aber es gelingt mir nicht), empfinde ich den Storyverlauf – und vor allem die Auflösung – als durchaus konsequent. Nur gemeine Kleingeister versuchen sich an einer Analogie zum Ende von Halo 2. Und selbst hier übersahen viele einfach die bedeutsame Cut Scene am finalen, schlussendlichen, konkludierenden Endesende.

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Die Welten, die man als Team Blau oder Team Osiris bereist, sind meisterhafte Beispiele exzellenten Leveldesigns. Sie lassen dem Spieler unheimlich viel Platz, sich einen eigenen Weg durch die lineare Topographie zu suchen. Dabei staunt man über die Ernsthaftigkeit der Ausgestaltung einer Halo-Identität. Virtuelle Natur und Kultur sind hier auf den ersten Blick als Halo-typisch zu erkennen. Dabei steuert sich der Chief oder Jameson Locke butterweich und gleichzeitig äußerst präzise in 60FPS. Über gelungene Sprung-, Ausweich- oder Angriffsmanöver, die nun dank der kleinen Düsen an der Spartanerrüstung möglich sind, freut man sich ungemein (obgleich sich noch kein triumphales Vertikalwandern wie bei Titanfall einstellen möchte).

Und der Multiplayer, für manchen kompetetiven und hyperreflexiven Zeitgenossen das Filetstück des Spiels? Nachdem die letzten Jahren beziehungsweise die letzten Iterationen der Halo-Reihe mir mehr als deutlich aufzeigten, dass ich in den Mehrspielermodi kein Land sehe, habe ich dieses Mal beschlossen, dass ich über diesem Modus einfach drüber stehe. In voller erotisierender und erotisierter Menschengröße, gewissermaßen.

 

Veröffentlichungsdatum: Bereits erschienen
Originaltitel: Halo 5: Guardians
Plattformen: Xbox One
Genre: First Person Shooter
Entwickler: 343 Industries
Veröffentlicht von: Microsoft Game Studios

Rudolf Inderst

*1978 in München. Lebte in (und ♥️) Kopenhagen. Er leitet mit Norman Volkmann das Ressort "Digitale Spiele" hier bei Nahaufnahmen. Liebt Genrefilmkost, Hörspiele und Podcasts. Spielt Videospiele seit etwa 40 Jahren. Lehrt als Professor für Game Design an der IU Internationale Hochschule. Einmal pro Woche bringt er den Newsletter DiGRA D-A-CH Game Studies Watchlist heraus.

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