Geplante Obsoleszenz: Ineffizienter Umgang mit Ressourcen

Schrott, frisch ab Fabrik

Sogar Autos wie dem Ford T wurde die geplante Obsoleszenz zum Verhängnis (siehe unten).

Früher war alles besser. Das stimmt für sehr Vieles natürlich nicht. Für einige alltägliche Produkte trifft es hingegen zu – zumindest was die Lebensdauer angeht: Schuhe, Waschmaschinen, Staubsauger oder Fernsehgeräte sind oft bei weitem nicht so langlebig, wie sie es sein könnten (und früher mal waren). Und das liegt nicht nur daran, dass diese so billig wie möglich hergestellt werden. Häufig sind sie bewusst so konstruiert, dass sie bereits nach kurzer Zeit den Geist aufgeben.

Im Artikel „Das Prinzip Kurzlebigkeit: Konsumieren statt reparieren“ von 2013 sind wir bereits auf die sogenannte „geplante Obsoleszenz“ eingegangen. Obsolet bedeutet soviel wie veraltet oder nicht mehr gebräuchlich. Ein Produkt ist zum Beispiel dann obsolet, wenn es kaputt geht oder wenn es ein neues und besseres gibt. Obsolet sind zum Beispiel Kühlschränke mit ozonschädigenden FCKW-Kühlmitteln oder quecksilberhaltige Desinfektionsmittel.

„Gut“ designt ist schon halb weggeworfen
Es gibt also durchaus Fälle, in denen alte Produkte völlig zu Recht ersetzt werden durch neue und bessere. Doch vielfach werden Erzeugnisse obsolet, weil es der Hersteller so will. Er produziert Güter, deren „Verfalldatum“ schon mit eingeplant ist. Diese Artikel sind so entworfen, dass sie nicht all zu lange leben. Die Überlegung hinter diesem absichtlichen (oder zumindest in Kauf genommenen) Pfusch: Je früher wir uns ein neues Produkt kaufen, desto höher sind die Umsätze der Hersteller.

Dass damit die Wirtschaft angekurbelt werde, wird von den Unternehmen oft als „Entschuldigung“ für ihr aus Konsumentensicht nicht gerade vorbildliches Verhalten angeführt. Und das ist nicht unwahr: Je mehr wir wegwerfen, desto mehr kaufen wir (und umgekehrt). Demnach können Unternehmen gar nicht anders: Der Logik des Wachstums folgend werfen sie ständig neue Produkte auf den Markt – in immer kürzeren Abständen. Und sie sorgen dafür, dass diese auch gekauft werden.

Dieses Geschäftsmodell läuft zur Zeit recht gut. In seinem Buch „Murks? Nein Danke!“ schätzt der Konsumentenschützer Stefan Schridde, dass in Deutschland jährlich 100 Milliarden Euro für den Ersatz von zu früh von uns gegangenen Produkten ausgegeben werden. Für die Schweiz mit etwa einem Zehntel der Einwohner wären es demnach etwa 11 Milliarden Franken – und das ist wohl eher vorsichtig geschätzt.

Einheimische Wirtschaft stärken
Es ist ein Batzen, auf den die Unternehmen ungern verzichten. Den aber die Konsumenten nicht unnötig ausgeben müssten, wenn Produkte länger halten würden. Das Geld, das wir bisher in immer Neues stecken, wäre für die Wirtschaft jedoch nicht verloren – es würde einfach anders eingesetzt. Zum Beispiel für hochwertigere Erzeugnisse – und bei solchen sind die einheimischen Produzenten mit ihrem Fachwissen wohl im Vorteil gegen die Konkurrenz aus Billiglohnländern.

Und wenn wir unsere Geräte vermehrt reparieren lassen, können wiederum lokale Betriebe profitieren. Die inländische Wirtschaft würde gestärkt, wenn wir auf Produkte setzen würden, die möglichst langlebig sind.

Begrenzte Ressourcen
Doch das tun wir Konsumenten heute noch viel zu selten. Wir nehmen kurzlebige Produkte oft einfach mit einem Schulterzucken hin. Wir sagen uns etwa: „Heute halten die Sachen einfach nicht mehr so lang“, oder kennen es inzwischen kaum noch anders. Nicht zuletzt wegen der Werbung. Sie suggeriert uns wirksam, es sei völlig normal, dass wir uns auf das neueste, modische Modell stürzen, sobald es erscheint.

Wir sind also mitverantwortlich, dass die geplante Obsoleszenz so erfolgreich ist. Kurzlebige Produkte sind für Viele kaum noch ein Ärgernis, sie schaden der Marke kaum noch – im Gegenteil. Doch immer mehr Neues zu kaufen, nur um es gleich wieder wegzuwerfen stellt einen höchst ineffizienten Umgang mit den natürlichen Ressourcen dar.

Schon jetzt verbraucht die Menschheit anderthalb mal mehr Ressourcen als die Erde regenerieren kann. In der Schweiz verbrauchen wir sogar dreimal so viel. All zu lange können wir uns ein Wirtschaftssystem nicht mehr leisten, welches auf stetig wachsenden Verbrauch von Rohstoffen und Energie basiert.

Nur der erste Schritt
Und so sind langlebigere Produkte eine einfache Möglichkeit, den Ressourcenhunger der globalen Wirtschaft zu bremsen. Damit sich etwas ändert an der Strategie der Konzerne, muss der Konsument langlebige Produkte nachfragen beziehungsweise kaufen, wenn es sie bereits gibt und sie als solche erkennbar sind. Er sollte dem Reiz des Neuen widerstehen, wenn es nichts zwingend zu ersetzen gibt. Und er muss protestieren, wenn die Hersteller absichtlich pfuschen.

Doch selbst wenn die Dinge in Zukunft länger halten: Das ist erst die zweitbeste Lösung. Denn heute landen nicht mehr reparierbare Dinge meist wohl oder übel in der Verbrennungsanlage oder der Deponie. Die Möglichkeit des Recyclings fehlt.

Damit dies nicht passiert, muss schon vor der Herstellung klar sein, welche Teile wie rezykliert werden können. Und der Wiederverwerter muss die Produkte zerlegen können, um die Rohstoffe zu trennen. Dies erfordert durchdachtes Produktdesign – eine echte Herausforderung und damit eine neue Chance für innovative Unternehmen.

Kreislaufwirtschaft
Beim bisherigen Modell der Linearwirtschaft entstehen aus Rohstoffen Produkte, die benutzt und schliesslich weggeworfen werden. Diese Abfälle werden verbrannt oder endgelagert. Die Kreislaufwirtschaft dagegen ist ein Ansatz zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen: Die Rohstoffe landen nach dem Lebensende eines Produkts nicht im Abfall sondern werden allesamt wiederverwendet. Noch ist das Interesse der Unternehmen, an diesem nachhaltigen Wirtschaftssystem mitzuarbeiten eher gering. Auch Jahrzehnte nachdem die Idee aufgekommen ist, setzen nur wenige Hersteller auf die Kreislaufwirtschaft. Dies nicht zuletzt weil die Gesellschaft – Politiker und Konsumenten – noch zu wenig erkannt haben, dass das bisherige System in die Sackgasse führt.

zum Bild
Der legendäre Ford T war ein äusserst langlebiges und zunächst sehr erfolgreiches Modell. Und es sah auch 1927 noch etwa gleich aus wie zu Beginn der Produktion 1908. General Motors, die Konkurrenz von Ford, schlug einen neuen Weg ein: Sie brachte immer neue Modelle in neuen Farben auf den Markt. Die Kunden sprachen auf diesen Marketingtrick an, hingegen brachen die Verkäufe für das Modell T ein. Ford musste dessen Produktion einstellen.

Infografik
Eine Übersicht zur geplanten Obsoleszenz und über die Methoden der Hersteller gibt unsere Infografik.

Literatur
Stefan Schridde; Murks? Nein Danke! Was wir tun können, damit die Dinge besser werden. oekom Verlag München, 2014.

Im Netz
Nachdem Stefan Schridde sich selbst über geplante Obsoleszenz geärgert hatte und dessen Ausmass erkannte, gründete er die Platform „Murks? Nein Danke!
Per 1. Januar 2016 tritt in der Schweiz die revidierte Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) in Kraft.
Die „Blue Economy“ setzt die Idee der Kreislaufwirtschaft um.
Das neue Fairphone: so konstruiert, dass es repariert werden kann.





Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert