Hannah Monyer / Martin Gessmann: Das geniale Gedächtnis

Zukunftsorientiert

Hannah Monyer / Martin Gessmann: Das geniale Gedächtnis. Wie das Gehirn aus der Vergangenheit unsere Zukunft macht. (Sachbuch)

Immer wieder lässt uns das Gedächtnis im Stich; es verfälscht Erinnerungen, speichert Erlebtes nur unvollständig. Doch die neuste Forschung zeigt: Das Gedächtnis ist mehr, als ein passiver Speicher, ein Archiv, in dem Vergangenes gelagert wird – und mit Glück im passenden Augenblick wieder hervorgeholt werden kann. Das Gedächtnis bildet unsere Zukunft.

Von Andrea Müller-Schmuki.

Wir vergessen Termine oder verlegen die Schlüssel. Gleichzeitig können wir uns haargenau an Dinge aus unserer Kindheit erinnern. Wenn uns einmal ein Hund gebissen hat, vergessen wir das nie. Schlagwörter wie Alzheimer und Demenz haben genauso mit dem Gedächtnis zu tun wie Träume oder falsche Erinnerungen.

Die Hirnforscherin Hannah Monyer und der Philosoph Martin Gessmann zeigen in ihrem Buch „Das geniale Gedächtnis“, wie sich unsere Auffassung vom Gedächtnis immer wieder gewandelt hat. Sie präsentieren spektakuläre Experimente und den neusten Forschungsstand. Dabei zeigen sie auf, dass unser Gedächtnis bislang falsch verstanden wurde; es speichert nicht nur Erlebtes, um es wieder abzurufen. Vielmehr bearbeitet das Gedächtnis diese Daten und Inhalte, ordnet sie neu und stellt sie so zur Verfügung, wie es für zukünftige Aufgaben am sinnvollsten ist.

Wissenschaftlich

Das Gedächtnis ist dafür verantwortlich, dass wir nicht allen Ereignissen hinterherhinken, sondern immer schon einen Schritt voraus sind. Wichtig ist dabei die Flexibilität des Gedächtnisses, d.h., dass immer neue Inhalte hinzukommen, neu geordnet und untereinander verknüpft werden. Mit jeder Erinnerung lernen wir dazu, vergrössern das Netzwerk in unserem Kopf und sind auf die Zukunft besser vorbereitet.

Hannah Monyer, eine der weltweit renommiertesten Hirnforscherinnen, ist Professorin in Heidelberg und dort Direktorin der Neurobiologie. Gekonnt schildert sie die Vorgänge, die im Gehirn ablaufen: präzise, wissenschaftlich und doch stets nachvollziehbar. Sie führt sogar die vielen Fachbegriffe im Text so gut ein, dass sie selbst ohne (oder mit einer sehr knappen) Erklärung verstanden werden.

Philosophisch

Martin Gessmann, Professor für Philosophie, Kultur- und Techniktheorie sowie Ästhetik, beleuchtet die philosophische Seite des Gedächtnisses. Er weist darauf hin, dass die Menschen schon immer das Gedächtnis mit etwas Bekanntem verglichen haben. Aristoteles verwendete das Bild von einem Siegelring und einer Wachstafel. Später stellte man sich das Gedächtnis als eine Art Bibliothek vor, als Bildspeicher, als Filmarchiv. Heute verwenden wir den Vergleich mit dem World Wide Web – Netzstrukturen, wie sie die heutige Hirnforschung freilegt.

Auch das Phänomen der Flashbacks, plötzliche Erinnerungen, die oftmals durch Gerüche ausgelöst werden, wurde von vielen Philosophen beleuchtet, darunter bedeutende wie Martin Heidegger und Edmund Husserl. Diese Flashbacks, auch Proust’sche Erinnerungen genannt, werden in „Das geniale Gedächtnis“ genauer erläutert und mittels der Hirnforschung erklärt.

Ein hochinteressantes Buch über die Funktionsweise unseres Gedächtnisses. Es räumt mit falschen Vorstellungen auf und zeigt, wie unser Gedächtnis die Vergangenheit nutzt, um in zukünftigen Situationen besser agieren zu können.

 

Titel: Das geniale Gedächtnis. Wie das Gehirn aus der Vergangenheit unsere Zukunft macht.
Autor: Hannah Monyer / Martin Gessmann
Verlag: Knaus
Seiten: 256
Richtpreis: CHF 26.90

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