Battlefield 1

Opa EA erzählt vom Krieg

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Während man in anderen modernen Shootern durch’s Weltall schleudert oder in riesigen Robotern über die Map heizt, kehrt Dice mit Battlefield 1 ganz weit zurück – in vergangene Genre-Trends und den ersten Weltkrieg. Ganz ohne Aufreger gelang das vor und nach Release des Spiels allerdings nicht. NORMAN VOLKMANN schüttelte den Kopf bei #JustWWIThings und die Faust, als er digital in die hoffnungslosen Schlachten zog.

Nicht nur bei der Wahl des Settings haben Dice und EA mit heutigen Trends gebrochen – auch die Single-Player-Kampagne des First Person Shooters ist anders aufgebaut und biedert sich nicht mehr so stark dem Genre-Primus von Activision an: In sechs sogenannten War Stories wird der Blick auf verschiedene Schlachten gelenkt, die den Schrecken und Horror des ersten Weltkriegs charakterisieren sollten. So viel Lob die Entwickler dafür geerntet auch haben mögen, so viel hat sich aber dann doch nicht geändert. Die Aussichtslosigkeit, die die Soldaten des Krieges gespürt haben müssen, wird an vielen Stellen angedeutet, der Großteil der Kampagne beschränkt sich aber weiterhin auf die Inszenierung ikonischer Heldenmomente und der absoluten Bereitschaft der Spielfigur, das Leben für das Vaterland zu lassen. Auch bei den Hauptfiguren setzt Dice zum größten Teil auf platte Klischees. Der arrogante Schlitzohr-Pilot zum Beispiel, der sein Herz aber am Ende am rechten Fleck hat; der griesgrämige Veteran, der alles gesehen hat und doch plötzlich von seinen Gefühlen und seiner Loyalität überrascht wird.

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Trotz alledem haben mich die Missionen des Einzelspieler-Modus bei der Stange gehalten. Zumindest spielerisch ist der Shooter superb und selbst die wenigen Blicke hinter die Kriegskulissen sind besser als gar keine Differenzierung der Thematik. (Auch wenn die Kollegen von Ubisoft mit Valiant Hearts eine deutlich einfühlsamere Mischung aus Spiel und Blick auf die Geschichte gefunden haben.)

Die Episoden sind nicht nur eine tolle Mischung aus Fahrzeugs-, Infanterie- und sogar Schleich-Missionen in den unterschiedlichsten Szenerien — sie sind in der Regel innerhalb von zwei Stunden abgeschlossen. Gerade wenn man keine 15 Jahre mehr alt ist, lernt man es zu schätzen, wenn man in der wenigen Spiele-Freizeit noch ganze Abschnitte beenden kann, ohne zwischendrin den Faden zu verlieren. Die Bindung an die Charaktere klappt trotz, oder gerade wegen der kurzen Intermezzos überraschenderweise gut.

Spätestens beim Multiplayer jedoch ist jegliche Inszenierung des Ersten Weltkriegs nur noch Nebensache. Der Mehrspieler-Modus ist dennoch, mal wieder, die wirkliche Stärke von Battlefield. Ich habe mich tatsächlich im Multiplayer verloren, obwohl ich Mehrspieler-Modi bei Shootern sonst stärker ablehne als Donald Trump die Wahrheit. Seinerzeit spielte ich Battlefield 3 am PC stundenlang – seitdem sehnte ich mich danach aber überhaupt nicht. Und um das klarzustellen: Besonders gut bin ich bei Battlefield 1 nicht. Mein bester Skill ist es, im letzten Moment vor dem Ableben meiner Spielfigur eine Granate zu werfen und meinen Gegenspieler mitzureißen. Ich gebe nichts auf die K/D-Ratio, die so vielen so wichtig scheint. Wenn ich es hinbekomme, dass sich irgendwo auf der Welt ein 13-Jähriger ärgert, war meine Mission erfolgreich. Und außerdem: Es gibt so viel zu tun. Trotz K/D-Ratio zum Weglaufen bin ich im Vergleich zu den Mitspielern sehr gut dabei. Wer die Objectives spielt und seine Mitspieler unterstützt, wird belohnt. Ganz so zufriedenstellend wie bei Battlefield 3 ist das Ganze allerdings nicht mehr. Das liegt aber vor allem daran, dass man dort ständig neue Zusätze für Waffen und andere Boni freischalten konnte – Laservisiere, neue Halterungen und was es nicht sonst alles für die Mordswerkzeuge gab. Inzwischen haben sich sogenannte Battlepacks durchgesetzt: Eine Art Überraschungsei, bei dem die eh schon mittel-leckere Schokolade fehlt und man mit einem Spielzeug abgespeist wird, das in der Regel ungesehen in den Müll wandert. Ich finde diese Wundertüten als Belohnung wenig zufriedenstellend, zumal sie meistens nur Waffenskins beinhalten, die ich sowieso kaum ausrüste. Immerhin laufe ich so nicht Gefahr, Geld für sie auszugeben – hat ja heutzutage auch was.

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Battlefield 1 hat meine Hoffnung in das Shooter-Genre wiederhergestellt. Nicht etwa, weil es die geschichtliche Komponente mit so viel Respekt und erhobenem Zeigefinger inszeniert hat – genau das macht das Spiel nämlich am wenigsten überzeugend. Viel eher ist Battlefield 1 ein weiterer Blockbuster in einer Serie, die sowieso immer schon von mächtigen Rabatz gelebt hat. Gerade aber technisch klappte auch hier von Anfang an alles und der Multiplayer-Teil beweist erneut, dass Dice immer noch weiß, wie man die größte Stärke der Franchise optimal ausspielen kann. Battlefield 1 entfernt sich zwar vom Setting weiter von der Konkurrenz, allerdings nicht auf Kosten des Bombasts. Knallende Granaten, schmetternde Schüsse und einstürzende Gebäude machen aus jeder noch so großen Karten schnell Kleinholz und lassen die beiden Gegnermannschaften in erbitterten Kämpfen ausgedachte Punkte einnehmen und verteidigen. Der Tapetenwechsel hat der Serie eindeutig gut getan.

Veröffentlichungsdatum: Bereits erschienen
Originaltitel: Battlefield 1
Plattformen: PC, PlayStation 4, Xbox One
Genre: Shooter
Entwickler: Dice
Veröffentlicht von: Electronic Arts

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