Mitchell Hogan: „Das Juwel von Mahrusan“

Ausgeklügelt und durchdacht

Mitchell Hogan: Das Juwel von Mahrusan (Fantasy)

Ein Zauberer-Lehrling versucht, die Frau, die er liebt, und das Kaiserreich zu retten. Dazu muss er sich seiner Begabung stellen und gerät auf den Pfad verbotener Magie. „Das Juwel von Mahrusan“ enthält viele Protagonisten, abwechslungsreiche Handlungsstränge und ein gutdurchdachtes Magiekonzept. Leider dauert es lange, bis die Geschichte richtig spannend wird.

 

Caldan, ein junger Zauberer-Lehrling, flieht, nachdem Anasoma von feindlichen indryallischen Zauberern übernommen worden ist. Mit ihm auf der Flucht sind Amerdan, ein Ladenbesitzer, der dunkle Geheimnisse hat; Glöckchen, eine indryallische Zauberin, die sie gefangen halten; Elpidia, eine sterbenskranke Ärztin, die Caldans Blut trinkt, um wieder gesund zu werden; und Miranda, Caldans grosse Liebe, deren Geist seit einem magischen Angriff durcheinander ist.

Caldans Ziel: das Reich und den mahrusischen Kaiser vor den Indryallanern warnen und für Miranda magische Hilfe von den Protektoren (einer Zauberergemeinschaft) erhalten. Doch Mirandas Verletzung kommt von zwingender Magie, die verboten ist. Caldan ist also auf Glöckchens Hilfe angewiesen. Und Glöckchen verfolgt selber ganz andere Ziele.

 

Handlungsstränge

Neben Caldan, Glöckchen und Amerdan gibt es weitere zentrale Protagonisten: beispielsweise Felicienne, die im besetzten Anasoma ausharrt. Als Adjudikatorin des Kaisers versucht sie, sich mit ihren Leuten gegen die Invasion der Indryallaner zu wehren.

Eine weitere zentrale Figur ist Vasile, ein Richter, der stets weiss, wenn jemand lügt. Er ist bei der Handelsgesellschaft der fünf Ozeane gelandet, einer sonderbaren Vereinigung von Leuten, die … andersartig sind. Vasile soll im Auftrag der Handelsgesellschaft den mahrusischen Kaiser davon überzeugen, dass die „Fünf Ozeane“ zu seiner Unterstützung da sind. Unterwegs treffen Vasile, Aidan, Chalayan und cel Rau auf erhebliche Schwierigkeiten: Jukari und Vormag, bösartige magische Geschöpfe aus ferner Zeit, greifen zu tausenden an.

 

Schwächen und Stärken

„Das Juwel von Mahrusan“ ist gut durchdachte Fantasy mit einem ausgeklügelten System, wie Magie funktioniert: Wer Zauberer werden will, braucht eine magische Quelle in sich. Die Energie aus dieser Quelle ist jedoch so stark, dass sie den Zauberer töten würde. Deshalb braucht es magische Gegenstände, durch die die Magie geleitet wird. Mit magischen Gegenständen kann durch zerstörerische oder zwingende Magie (im mahrusischen Reich ist beides verboten) anderen Schaden zugefügt werden; die Quelle von anderen Zauberern kann gestohlen oder blockiert werden und Personen können getötet werden. Hinzu kommen viele weitere Talente, wie etwa Vasiles Fähigkeit, die Wahrheit zu erkennen, oder Caldas Blut, das heilt.

All dies bleibt dem Leser leider die ersten 250 Seiten lang komplett vorenthalten. Auch ist der Spannungsaufbau zu Beginn des Buches sehr langsam. Die fast vollständige Abwesenheit jeglichen Humors fördert das Lesevergnügen auch nicht unbedingt. Nach gut 300 Seiten nimmt die Geschichte dann aber endlich an Fahrt auf – und wird gegen Ende sogar richtig spannend.

Besonders die tiefen Einblicke in die verstörende Gedankenwelt von Amerdan machen das Buch lesenswert. Ebenso ist Caldans Entwicklung von einem Protektoren-Lehrling zu einem abtrünnigen Zauberer durchwegs glaubhaft, insbesondere, da sie sehr langsam vonstatten geht und der Leser die Gedanken, Gefühle und Überlegungen des jungen Mannes miterlebt.

 

Serie und Übersetzung

Wer „Das Feuer von Anasoma“, den ersten Teil der Reihe, nicht gelesen hat, dürfte sich mit diesem Buch schwertun. Wer jedoch die Hintergründe der Protagonisten und den Weltentwurf von Hogan bereits kennt, dürfte trotz etlichen Längen auf den ersten paar hundert Seiten gut unterhalten werden. Und: Nach dem spannenden Ende von „Das Juwel von Mahrusan“ bleibt zu hoffen, dass der dritte Teil der Serie weniger langsam starten wird …

Die Übersetzung erscheint durchwegs gut, auch stilistisch ist das Buch angenehm zu lesen. Was sich der Übersetzter aber überlegt hat, als er den Titel des Buches wählte, bleibt mir schleierhaft. Im ganzen Buch geht es nicht einmal um ein Juwel; Steine werden zwar für magische Gegenstände benutzt, aber keiner der Steine ist für die Geschichte zentral. Der Titel im Original lautet so auch „Blood of Innocence“. Und ja, um Blut geht es in der Geschichte durchaus – sowohl um Caldans Blut als auch um das Blut vieler, das vergossen wird.

Solide Fantasy, die jedoch sehr sehr langsam startet. Es empfiehlt sich, den ersten Teil der Serie zu lesen, um das Buch zu verstehen.

 

Titel: Das Juwel von Mahrusan (Teil 2 der Serie „Sorcery Ascendant Sequence“)
Autor: Mitchell Hogan
Übersetzer: Michael Siefener
Verlag: Heyne
Seiten: 784
Richtpreis: CHF 22.90

 

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