BattleTech: Save the metal, kill the meat

Im Jahre 3025 ist die Arbeitssicherheit für alle, die einen Kampfläuferführerschein haben recht hoch: Geschützt von redundanten Systemen und mehreren Tonnen Panzerung, widerstehen diese Weiterentwicklungen des guten alten Kampfpanzers problemlos Lasern, Raketen und panzerbrechenden Granaten. Das Problem: BattleTech von Harebrained Schemes steckt mich in die Rolle des Anführers einer Söldnertruppe, die sich mit Bergungsrechten finanziert und das geht nur über tote Piloten. PETER KLEMENT hat „ZeroNiner’s Destitutes“ als erfolgreichen, bergungsfinanzierten Sicherheitsdienstleister geführt.

Tranchieranweisung für BattleMechs

Der klassische Vorgang, um das lästige Fleisch vom wertvollen Metall zu lösen unterteilt sich in drei unterschiedlich effiziente Vorgehensweisen:

Die erste ist am zeitsparendsten, aber auch die am wenigsten ertragreiche: Der Fusionsreaktor aller Mechs ist in der Mitte der Kampfmaschine untergebracht. Durch die Konzentration des Feuers auf diesen Punkt kann sie schnell durch Beschädigung des Reaktors und des damit einhergehenden katastrophalen Versagens der Energiequelle ausgeschaltet werden. Die Menge der verwertbaren Teile bleibt in diesem Falle aber überschaubar.

Abgesehen von den durch Sonderverträge aufgestellten Verboten, ist namentlich untersagt: Der Gebrauch von Waffen, Geschossen oder Stoffen, die geeignet sind, unnötigerweise Leiden zu verursachen. – Auszug Genfer Konvention

Die zweite Methode ist die Immobilisation des gegnerischen Fahrzeugs: Durch Zerstörung der Beine wird der Läufer außer Gefecht gesetzt, ein lästiger Nebeneffekt ist, dass der Pilot nicht mehr über den Schleudersitz aussteigen kann, doch das ist in erster Linie ein Problem für die Bergungsteams.

Verliert der Mech einen Seitentorso oder stürzt, wird der Pilot verletzt.

Die Königsdisziplin ist selbstverständlich der chirurgische Kopfschuss, der das Cockpit mitsamt lästigem Personal von der anvisierten Beute entfernt. Allerdings ist das bei sich bewegenden Zielen oft nur durch ausreichendes Können und Schützenglück zu leisten. Die zuverlässige Methode, um einen vollständigen BattleMech zu bergen ist durch eine Kombination von Explosivwaffen und Lasern den Piloten schrittweise traumatische Verletzungen zuzufügen, bis sie Bewusstsein oder Leben verlieren.

Die Anleitung:

  • Mit allen verfügbaren Raketen- oder Explosivwaffen auf ein Ziel feuern, bis die Erschütterungen das Können des Piloten und die Gyro-Stabilisatoren überlasten
  • Auf das nun unbewegliche, da gestürzte Ziel mit präziseren Waffensystemen, wie Lasern feuern, um sekundäre Explosionen und dadurch weitere Verwundungen des MechWarriors zu erzeugen, Je nach Widerstandsfähigkeit, kann es dazu notwendig sein, beide Seitentorsos zu beschießen, die in den meisten Fällen Munition oder andere wichtige Systeme beinhalten.
  • Peinlich genau darauf achten, den mittleren Torso mit dem Fusionsreaktor nicht oder nur wenig zu beschädigen
  • Bei den Bergungsverhandlung die entsprechenden Teile sichern, um den Piloten kümmern sich die Bergungstrupps

Söldner mit Herz – meistens

In BattleTech bin ich einer von den Guten, denn wir kämpfen gemeinsam mit einer netten Thronanwärterin zu deren Leibgarde wir gehören, bevor uns das Schicksal in ein Söldnerleben zwingt, um deren Thron, der ihr vom bösen Onkel weggenommen wird. Wir befreien Gulags, schützen Flüchtlingskonvois und bewachen Getreidesilos, um so Schritt für Schritt die Diktatur zurückzudrängen und eine anständige Monarchie wieder einzuführen. Auf der Plotebene sind wir liebenswerte Rauhbeine, die für die gute Sache kämpfen.

Auf der Spielebene schneide ich mit Lasern das lästige Fleisch aus dem Mech, den ich bergen will, um ihn anschließend aufzumöbeln und meinem Inventar an Kampfmaschinen hinzuzufügen. Denn nur eine gut ausgestattete Söldnerkompanie ist eine effektive Söldnerkompanie und Bergen ist nun mal billiger als kaufen. Außerdem bringt nicht gebrauchtes Bergegut zu verscheuern mehr Geld in die Kriegskasse als direkt für ein Honorar zu arbeiten. So ertappe ich mich dabei, dass ich das tue, wofür man üblicherweise einen Termin vor dem Kriegsgericht oder eine Anhörung bei dem Vorgesetzten bekommt: Ich feure auf einen wehrlosen Feind, um ihm systematisch zu verletzen, damit ich ihn oder sie nur mit dem Hochdruckreiniger aus dem Cockpit spülen muss. Also das Äquivalent zu auf Piloten am Fallschirm schießen oder auf Panzerbesatzungen, die sich aus ihrem zerstörten Fahrzeug retten.

Schleudersitz? Nur auf Befehl.

“Cannot help but feel, that it was criminal negligence on the part of those higher up for not having exercised sufficient forethought and seeing that we were equipped with parachutes for just such emergencies.” – Eddie Rickenbacker, amerikanischer Jagdflieger im ersten Weltrkieg

Gut, dazu trägt auch die Spielmechanik bei, die es zwar mir erlaubt, dass meine Piloten sich mit dem Schleudersitz retten, dem Gegner aber nicht. Doch auch das wird von mir abseits der Heldentaten das Hauptplots kühl berechnet: Ein MechWarrior, dessen Innenleben nur noch von seiner Splitterschutzweste zusammengehalten wird, kann noch kämpfen. Steigt er aus, verliert meine Einheit Feuerkraft. Ein neuer Rekrut kostet mich ca. 30.000 C-Bills, ein neuer Mech mehrere Millionen, eine aufwendige Reparatur liegt im sechsstelligen Bereich. Die Rechnung ist einfach: Es wird weitergekämpft bis der MechWarrior Bewusstsein oder Leben verliert. Das Fleisch ist billig, das Metall sehr teuer.

[…]Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschliesslich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache ausser Kampf gesetzt wurden, sollen unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden.[…] – Auszug Genfer Konvention

BattleTech ist ein sehr gutes Spiel, das eine wirklich liebevolle Adaption der Brettspielvorlage aus den Achtzigern ist, in denen Pferd und Ritter durch 20m große Battlemechs ersetzt werden. Genau so macht es Spaß nach und nach all die verschiedenen Kampfmaschinen zu sammeln und an ihnen herumzutüfteln, um sich das ideale Einsatzteam zusammenzustellen. Die rundenbasierte Kämpfe sind so unterhaltsam und fordernd, dass man ihnen gerne nachsieht, dass sie abgesehen von der Hauptstory, prozedural durch das System generiert werden.

Ein gutes Spiel mit einem blinden Fleck

Was bei Pokémon „Gotta catch ‚em all“ ist, ist hier „Gotta salvage ‚em all“, doch was einem da mit einer gehörigen Portion Heldenplot untergeschoben wird ist, dass es dazu „Save the metal, kill the meat“ braucht und das Fleisch stirbt langsam in diesem Spiel. Gewalt in Spielen ist nichts neues, aber sie ist zumindest immer effizient: In Shootern versucht man die „Time to kill“ möglichst kurz zu halten. In Battletech beschieße ich einen Mech solange mit Explosivwaffen, bis der Pilot eine breiartige Konsistenz angenommen hat, weil ich seine Untersatz haben will.

Es ist der Qualität des Spiel hoch anzurechnen, dass ich eine ganze Weile gebraucht habe, um zu merken, was ich da eigentlich tue und im Übrigen nach wie vor tun werde. Kurz darüber nachzudenken lohnt sich aber auf jeden Fall, denn wenn etwas unschuldiges, wie ein Spiel in dem Riesenroboter mit Lasern aufeinander schießen, einem sowas unterschieben kann, dann sieht man auch Alltagsapps wie Facebook schnell in neuem Licht.

Bedenke Mensch, dass du Fleisch bist und im Jahre 3025 das Metall mehr wert sein wird als du.

Veröffentlichungsdatum: bereits erschienen
Originaltitel: BattleTech
Plattform: PC
Genre: Rundenbasiertes Strategiespiel
Entwickler: Harebrained Schemes
Veröffentlicht von: Paradox

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