Verena Ullmann: „Die Papageieninsel“
Bewusst Zeit für sich nehmen

Hannah ist jung und ehrgeizig. Und doch ist sie mit ihrem Leben nicht restlos glücklich und zufrieden. Für ihren neuen Arbeitgeber reist sie vor Arbeitsbeginn auf eine kleine Insel. Dort findet sie wieder zu sich selbst.
Bevor Hannah ihre neue Arbeitsstelle antritt, wird sie für eine Fortbildung auf eine kleine Insel geschickt. Hannah suchte lange nach einer neuen Stelle, bei welcher sie länger bleiben kann und nicht nach kurzer Zeit wieder ihre Zelte abbrechen muss. Sie scheint nun genau ihre passende Stelle gefunden zu haben. Trotzdem hat sie Zweifel: «Aber glaubt man nicht immer, dass beim nächsten Mal alles besser wird? Aber warum glaubt man das? Und wie soll das gehen? Wenn man doch immer noch dieselbe ist.» Für diese und noch viele weitere Fragen und Selbstreflexion hat Hannah auf der abgelegenen Insel viel Zeit zum Nachdenken. Mit diesem Freiraum muss sie sich aber erst zurechtfinden. «Was mir fehlt, ist die Zuversicht, die ich einmal hatte. Dass es gut wird, irgendwie. Dass ich mich befreien kann, wenn ich feststecke. Dass ich Einfluss darauf habe, wie es ausgeht. Und nicht nur gelähmt dabei zusehen kann, wie alles den Bach runtergeht.»
Erinnerungen aus der Kindheit
Inmitten von Selbstzweifel, Misstrauen und Leistungsdruck tauchen zwei Papageien aus ihrer Kindheit auf und sprechen mit ihr. Zu Beginn ist Hannah mit dieser Situation beinahe überfordert. Doch je mehr sie sich auf die Gespräche mit den beiden Vögeln einlässt, desto intensiver setzt sie sich mit sich selbst auseinander und findet schlussendlich heraus, was ihr wirklich wichtig ist in ihrem Leben. Dies zeigt deutlich: Wer sich mit seinen Gedanken, Ängsten oder Sorgen auseinandersetzt und ihnen Raum lässt, kommt aus jeder Krise wieder gestärkt heraus und kann dabei viel über sich lernen.
Der Debütroman von Verena Ullmann passt hervorragend in die heutige Zeit, in welcher viele Menschen müde vom Leistungsdruck sind. Dieser Druck ist nicht nur in der Arbeitswelt zu finden, auch in der Freizeit scheint er allgegenwärtig. Und oftmals unbegründet, da man sich ihn selbst auflegt. Einfach mal nichts zu machen und Zeit für sich zu haben, scheint exotisch zu sein. Ohne Programm scheint es, müsse man sich immer rechtfertigen. Hannah lernt auf der Insel, nichts zu tun und es zu geniessen. «Vielleicht, weil sie sich auch jetzt noch die Zeit nimmt, stehen zu bleiben und zurückzublicken, anstatt die Messlatte gleich noch ein Stück höher zu legen.»
«Die Papageieninsel» legt man so schnell nicht wieder aus den Händen, wenn man einmal damit begonnen hat. Ullmanns Sprache ist anschaulich und eindrücklich und ihre Sätze lesen sich flüssig. Gerne taucht man in diese Welt ein und lässt den Alltag für einige Stunden hinter sich.
Titel: Die Papageieninsel oder Von der Kunst, sich selbst zu finden.
Autorin: Verena Ullmann
Verlag: Diederichs
Seiten: 208
Preis: 24.50 CHF