DOOM Eternal
…. und es hat DOOM gemacht
Die Menschheit isoliert sich und lechzt nach Ablenkung, DOOM Eternal liefert ab. STEFAN VON DER KRONE und NORMAN VOLKMANN waren im Tag Team auf Dämonenjagd – sie sind die Brothers of Destruction von nahaufnahmen. Komplett im Flow und mit wummerndem Elektro-Metal in den Ohren haben sie gar nicht gemerkt, wie wahnsinnig riesig ihr Bizeps vom bloßen Spielen des Highspeed-Shooters von id Software und Bethesda geworden ist.
RIP AND TEAR!
STEFAN: DOOM Eternal ist das Speed-Metal der Shooter. Die dauerhaft laufende Double-Bass des Gameplays mäht durch die Level, das es nur so ein Fest ist. OK, der großartige Soundtrack macht mehr was von Djent her, aber das macht das Spiel nur noch umso facettenreicher.
Dabei ist DOOM Eternal anderen Shootern Jahre voraus. Während der generische Standard-Shooter der letzten Jahre cover-basiert ist und ein Auto-Heilungssystem verwendet, verlangt DOOM dem Spieler ein ganz anderes Skillset ab. Du willst mal durchatmen? Mitten im Gefecht? Pff! Vergiss es. Du brauchst etwas Luft? Dann beseitige deine größte Bedrohung. Du brauchst Munition? Such nicht danach, hol sie dir! Du bist kurz vorm Game Over? Hol dir Panzerung und Heilung von deinen Gegnern. Das schnelle Gameplay ist nichts für jeden, aber es ist eine adrenalingeladene Ballerorgie, die unheimlich viel Spaß macht. Angriff ist immer die beste Verteidigung.
Während andere Shooter seit dem ersten Halo schlauchbasiertes Leveldesign bieten, erweckt DOOM Eternal die Tugenden von Quake Arena und Unreal Tournament zu neuem Leben. Schnelle Richtungsänderungen, vertikale Navigation, Jump-Pads – eher Eigenschaften von Multiplayer-Shootern, nur diesmal im Gewand eines Singleplayer-Shooters. Die Arenen wirken meist wie Deathmatch-Level, sind häufig symmetrisch. Sie sind so angelegt, dass man seinen eigenen Loop finden kann und ständig in Bewegung ist.
Das Waffenarsenal tut sein Übriges: Jede hat eigene Vorzüge, keine wirkt überflüssig – wenngleich mein Favorit immer die Super Shotgun bleibt. Die Vielfalt durch sekundäre Modi jeder Wumme (bis auf die BFG), die mit Perks aufgewertet werden können. Ist man schon zu Beginn des Spiels ein Testosteron-Monster auf Steroiden, fühlt man sich zum Schluss wie göttlicher Zorn, der auf die Scharen der Hölle (und Himmels?) einschlägt.
NORMAN: Ich bin realistisch und habe weniger Zeit als noch vor zehn Jahren. Ich spiele keine Spiele mehr auf hohen Schwierigkeitsgraden. Ich hasse schwere Spiele. Stundenlanges Üben für den Fortschritt in einem Videospiel? Überlasse ich gerne den Kids. Bevor ich mit DOOM Eternal begann, hörte ich schon Berichte über den “knackigen” Schwierigkeitsgrad. Nicht ohne gewissen Stolz melden sich da die Spieler*innen. Und alte DOOM-Hasen nickten eifrig: Jaja, schwer muss es schon sein. Dabei ist DOOM Eternal nur wirklich schwer, wenn man es falsch spielt. Das Gute: DOOM richtig zu spielen, ist relativ einfach – zumindest auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad.
Schnelligkeit, Waffenvielfalt, taktisch eingesetzter Nahkampf, rip and tear. Die Gefechte in DOOM Eternal fordern Aufmerksamkeit, ohne Frust zu schaffen. Meistens. Dieses wilde Gefetze, die bunten Item-Drops, die wummernde Musik, die hyper-brutalen Exekutions-Animationen – sie schaffen einen Flow, den nur wenige Spiele so hinbekommen. Oft klappt das auch nur mit Spielen, die schwieriger sind, bei denen das Versagen direkt bestraft wird. Zuckerbrot und Peitsche. Zu Beginn nervten mich die ständigen Tutorials, denn DOOM Eternal ist zum Bersten gefüllt mit Mechaniken. Ständig ist die Munition knapp, immer wieder ertönt das Geräusch, das die niedrige Gesundheitsleiste signalisiert. Kettensäge für Munition, Exekutionen für Gesundheit, Flammenwerfer für Rüstung. Ständig in Bewegung bleiben, die Waffen durchwechseln, im Flow bleiben. Besser kann das nur Hotline Miami. Jedes Gefecht ist machbar und wenn nicht, dann hat man etwas falsch gemacht. Meinen Fähigkeiten traue ich allerdings nur auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad, passt schon.
DIE DOOMWELT
STEFAN: DOOM Eternal ist zwar ein Shooter, aber ich würde soweit gehen, es eher als Character Driven Action Game mit den Mechaniken eines FPS zu bezeichnen. Betrachtet man es aus dieser Perspektive, kommen ganz andere Vergleiche auf: Devil May Cry, Bayonetta, frühe Teile von God of War. Und tatsächlich fühlte sich auch der Vorgänger DOOM (2016) wie ein solches Spiel an. Das Leveldesign erinnert an die Arenen klassischer Multiplayer-Shooter, aber die Gefechte ähneln mehr den zuvor genannten Titeln. Gezielte Taktiken, spontan abgestimmt auf die jeweiligen Gegner sowie sofortiges Überdenken jener Taktiken, sobald neue, stärkere Gegner die Arena betreten, sind stete Begleiter im Spiel. Als ein Zwischenboss mit Schild “gefinished” wird, erinnert mich das stark an God of War 3, das mit ähnlicher Brutalität und Kompromisslosigkeit des Hauptcharakters aufwartete.
Hinzu kommen Plattform-Sektionen als Verschnaufpausen zwischen hitzigen Gefechten. Mit Doppelsprung und Dash sind auch Levelbereiche erreichbar, die oft nicht als solche erkennbar sind. An einer Stelle springt man von einer Brücke, um auf einem verborgenen Jump-Pad zu landen, in einem anderen Level muss im Fallen gezielt ein Tor aufgeschlagen werden, was durchaus mehrere Versuche in Anspruch nehmen kann.
NORMAN: Collectables kriegen mich immer. So war ich dankbar für die Fähigkeit, direkt alles Sammelbare mit einem mal aufdecken zu lassen und keine Spielfigur oder Plattencover zu verpassen. Digitaler Nonsense ftw! DOOM Eternal legt großen Wert auf Platforming und versteckt abseits des Weges immer wieder alternative Routen, die zu geheimen Räume und Herausforderungen führen. Die Spielwelt ist voller kleiner Rätsel, die das Vorankommen deutlich interessanter machen, als in direkten Vorgänger. Ob Weltraumfestungen, Schauplätze auf der Erde oder auf Eisplaneten – alles ist interessant, pulsierend und bunt. Speziell die verborgenen Slayer Challenges fordern Spieler*innen – sie sind eine Vorschau auf die späteren Gegnermassen und ein guter Gradmesser der eigenen spielerischen Fähigkeiten.
ES WAR EINMAL…
NORMAN: In den Berichten der gemeinen Spielepresse las man, dass DOOM Eternal eine überraschend gute Story habe. Eine Handlung, die die Vorgänger nicht vergesse und sogar nachvollziehbar erzählt würde. Vielleicht kann Stefan dazu mehr sagen. Ich habe im ganzen Spiel weder einen Codex-Eintrag gelesen, noch bei einer Cutscene aufgepasst. DOOM ist ein wunderbares Podcastspiel. Ich gab mich dem Flow hin, rip and tear. Ich bin mir sicher, das Spieler*innen, die Halo-Romane im Bücherregal stehen haben, komplett mitgerissen sind. Kurzum: Die Erde wurde von Höllenkreaturen überrannt, nicht optimal für die Menschheit. Auftritt Doomguy, der sowohl seinen Fuß als auch die Läufe seiner unzähligen Waffen tief in Dämonenhintern rammt, Löcher in Planeten schießt (!) und für Ordnung sorgt. Muss man wirklich mehr wissen?
STEFAN: Ja, da gabs ne Story, und die ist in der Tat durchaus respektabel. Nun ja, sie schafft es zumindest, die abwechslungsreichen Level aneinanderzureihen. Gleichzeitig gibt es auch spannende Andeutungen, die so manche Fans spekulieren lassen. Wer sind die (engelsgleichen?) Makyr? Kann das Ende noch getoppt werden? Wir erfahren sogar noch ein wenig von der Origin Story unseres Doomguys. Id Software ist zumindest bemüht, hier kurzweilige Kost zu bieten, investiert aber auch nicht zu viel Energie in die Geschichte. Aber Zwischensequenzen oder Codex-Texte (auch nie gelesen) sind nicht alles, allein das Storytelling in den Level sucht ihresgleichen. Die unzähligen Details in der Architektur bereichern die Atmosphäre der jeweiligen Level. Lediglich die letzte Mission fällt in der Qualität enorm ab.
Musikalisch wird das ganze – ich hab’s eingangs schon erwähnt – durch einem wummernden Soundtrack von Mick Gordon untermalt. Die exzellente Produktion konkurriert sogar mit erstklassigen Metal-Alben der letzten Jahre und überzeugt mit brachialen, tief-gestimmten Gitarrensounds und modernen Kompositionen. Angereichert wird das ganze dann noch mit atmosphärischen Chören, die bis ins Knochenmark gehen.
Bereits erschienen.
Originaltitel: DOOM Eternal
Plattformen: PC, Xbox One, Playstation 4, Nintendo Switch
Entwickler: id Software
Veröffentlicht von: Bethesda Softworks