Erst die Tagung, dann die Publikation
Drei Fragen an drei spieleforschende Geister
RUDOLF INDERST trifft sich mit drei Spiele-Tagungs- und Sammelbandinitiator*innen Anne Montag, Tamara Bodden und Marvin Madeheim, um mit ihnen die Hintergründe ihrer Forschung zu erkunden und diskutieren.
Rudolf Inderst (RI): Vielen Dank, dass Ihr Euch so auf unser Drei-Fragen-an-Format eingelassen habt! Vielleicht möchtet Ihr zunächst Euch und Eure Arbeitshintergründe ein wenig vorstellen?
Anne Montag / Tamara Bodden / Marvin Madeheim (AM/TB/MM): Wir alle haben Germanistik an der Universität Kassel studiert, Marvin und Anne als Lehramtsstudium und Tamara im Master. Dort promovierten wir auch zeitgleich bis Annegret mit ihrer Dissertation dann an die Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg und als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach Düsseldorf gewechselt ist. Während Annegret tatsächlich auch ihre Dissertation zum Thema Games und ihre Anwendung und Vermittlung an Schulen schreibt, konzentriert sich Marvins Forschungsprojekt auf die Darstellung von Kunst in der Literatur, sodass auch sein zweites Studienfach an der Kunsthochschule Kassel mit einfließt. Um Kunst geht es aber auch in Tamaras Dissertation, die sich mit dem Diskurs um die öffentliche Finanzierung des Kulturbetriebs und der documenta 14 aus linguistisch Sicht auseinandersetzt. Unsere Forschungsblicke auf das Phänomen Games kommen also alle aus unterschiedlichen Hintergründen, können sich aber interdisziplinär sehr gut ergänzen.
RI: Kommen wir doch nun einmal zu Euren aktuellen Projekten – man munkelt, Ihr bastelt da gerade an einer sehr interessanten Tagung sowie einem Forschungsband?
AM/TB/MM: Ja, aus Vorträgen einer Ringvorlesung, die im Sommer 2019 an der Uni Kassel stattfand und ergänzt um weitere Beiträge entwickelte sich der Sammelband Loading… Game Studies Interdisziplinär. Der Band erscheint im September im Fink Verlag. Neben etablierten Forscher*innen aus den Game Studies haben sich an diesem Band insbesondere Beiträger*innen beteiligt, die einen dezidiert fachwissenschaftlichen Blick ihrer Disziplin auf das Phänomen Games mitbringen, aber auch didaktische Perspektiven waren ein Fokus. Ein weiterer Abschnitt hat sich aber auch mit der Darstellung von Wissenschaft (so wie Deine Dissertation) in Games auseinandergesetzt. Daraus entstand auch die Idee zu unserer Tagung, die am 17. und 18. September kostenlos und digital stattfindet.
Diese trägt den Titel Didaktik I Games I Wissenschaft und beschäftigt sich einerseits mit der Forschung von Games mit didaktischer Perspektive und wissenschaftlichem Fokus, soll aber andererseits auch die aktuelle (Hoch-)schul- und Lehrsituation reflektieren, indem beispielsweise Forschungsprojekte oder konkrete Anwendungsideen vorgestellt werden. Das soll auch zu einer Vernetzung der Forscher*innen beitragen.
RI: Die Game Studies stehen, wenn man aktuellen Diskussionen folgt, vor einer Art Zäsur, zwar schon eifrig-umtriebiges Forschungsfeld mit institutionellen Anklängen, aber noch nicht ganz im Disziplin-Hafen eingelaufen. Was muss sich hier (noch) ändern? Oder gibt es etwa gar kein „muss“?
AM/TB/MM: Ein Problem ist, dass die Game Studies bis auf wenige Fälle, wie beispielsweise die Juniorprofessur von Profin. Melanie Fritsch mit dem Forschungsschwerpunkt Game Studies an der Universität Düsseldorf, noch sehr wenig institutionalisiert ist. Es gibt zwar sehr viele spannende Forschungsprojekte aus den verschiedensten Disziplinen, einige Forschungsverbünde wie z.B. der Arbeitskreis Geschichtswissenschaft oder die AG-Medien und Publikationsplattformen wie die Online-Zeitschrift Paidia.
Doch sehr viele der Forschungstätigkeiten im Bereich der Games Studies beruhen auf dem Engagement und Interesse einzelner Forscher*innen und erhält noch keine breite finanzielle Unterstützung beispielsweise in Form von Stellen und Instituten, die sich dezidiert mit Videospielen als Medium und Forschungsgegenstand auseinandersetzen. Diese sind derzeit in Deutschland eher im Bereich der privaten Hochschulen zu finden, die aber innerhalb ihrer Ausbildung einen Schwerpunkt in der praktischen Ausbildung legen.
Viele medienwissenschaftliche Studiengänge öffnen sich zwar in Forschung und Lehre bereits Medien wie Filmen und Hörspielen, Games sind dagegen häufig Neuland, was den Konsum-Verhalten der Gesellschaft im Allgemeinen, aber auch den Interessen der Studierenden nicht gerecht wird. Insbesondere im Bereich der Schuldidaktik sollten Games viel stärker untersucht und an Schulen etabliert werden, da sie zur Medienrealität Heranwachsender gehören.
RI: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die Tagung!
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Das Tagungsprogramm zu Didaktik I Games I Wissenschaft findet Ihr hier. Eine Anmeldung ist via E-Mail möglich: tagungfb02@uni-kassel.de
Der begleitende Hashtag lautet #dgw21.