Das Ende der Menschheit
Bedrohungen für unsere Zivilisation
Wie wird die Menschheit zu Grunde gehen? Diese Frage beschäftigt viele und ist ein beliebtes Thema in Science-Fiction-Literatur, Serien und Filmen. Nicht alle Szenarien sind realistisch. Bleibt man bei den theoretisch vorstellbaren, könnte die menschliche Zivilisation durch einen globalen atomaren Krieg, Hungersnöte oder eine Pandemie enden.
Die Zivilisation geht durch ein plötzliches Ereignis unter: einen Meteoriteneinschlag, einen Krieg oder ein Virus. So zumindest in der Fiktion. In der Realität aber geht die Gefahr von verschiedenen schleichenden Vorgängen aus. Schon seit vielen Jahrzehnten verschlechtern sich die Lebensbedingungen für den Menschen und viele andere Lebewesen. Wenn wir weiterhin nicht genug dagegen unternehmen, wird bald ein «Point of no return» erreicht sein. Ab dann verschlimmert sich alles noch viel schneller – mit verheerenden Folgen.

Im grünen Bereich
Zuerst die guten Nachrichten: Immerhin müssen wir uns für die nahe Zukunft in einigen Bereichen keine Sorgen machen. Ein Team von Forschenden um Johan Rockström und Will Steffen hat in einer umfassenden Studie von 2009 die «Planetary boundaries», also Die Grenzen der Erde untersucht. Sie haben Variablen bestimmt, bei denen wir uns entweder in einem sicheren Bereich, in einem Bereich mit hoher Unsicherheit oder in einem Bereich mit hohem Risiko befinden. 2015 wurde eine weitere Version des Artikels mit neuen Erkenntnissen veröffentlicht.
Die Studie zeigt, dass es zum Beispiel um die stratosphärische Ozonschicht der Erde ziemlich gut steht. Dank des globalen FCKW-Verbots ist die beschädigte Schicht nun schon seit etwa zwanzig Jahren stabil und wird sich in den nächsten Jahrzehnten wieder erholen, sobald die Ozon-zerstörenden Verbindungen abgebaut sind.
Und auch Trinkwasser ist noch genug vorhanden. Natürlich gibt es etliche Länder und Regionen mit Trinkwasser-Knappheit, unter anderem durch ungewöhnlich starke Dürren und Verschmutzungen des Trinkwassers. Doch insgesamt haben die meisten Regionen der Erde genug Trinkwasser, so auch Mitteleuropa und die Schweiz.

Illustration: Felix Müller, nach Will Steffen et al., 2015, Linn Persson et al., 2022 und Wang-Erlandsson et al. 2022
Ungewisse Bedrohung: Klima
Den Klimawandel sieht das Team der Forschenden um Johan Rockström zwar nicht im grünen Bereich, aber auch nicht als die grösste Bedrohung. Sie ordneten ihn «nur» zum Bereich, in dem ein ungewisses Risiko besteht. Doch eine aktuelle Studie, an der auch Rockström beteiligt war, zeigt, dass sogenannte Klima-Kipppunkte schon bei einer Erwärmung von 1,5 °C im Vergleich zu 1990 erreicht werden können. Dann werden Teile des Klimas aufgrund von Rückkopplungsmechanismen zum sich selbst verstärkenden Prozess. Zum Beispiel setzt der tauende Permafrost grosse Mengen an Methan und Kohlendioxid frei, was die Klimaerwärmung noch weiter verstärkt und sie noch weniger aufhaltbar macht.
Dramatischer Verlust an Biodiversität
Anders als der Klimawandel wird der Verlust an genetischer Vielfalt in der Biosphäre als sehr gefährlich für die Erde eingestuft. Tausende Tier- und Pflanzenarten sind bereits wegen des Menschen ausgestorben und global sind geschätzt über eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Vor allem beansprucht der Mensch sehr viel Platz für sich: Er baut Strassen, Städte und Industriegebiete, er baut Nutzpflanzen an und hält Nutztiere. Dafür holzt er Wälder ab, entwässert Feuchtgebiete etc. Zudem können sich viele Arten nicht schnell genug dem Klimawandel anpassen.
Hinzu kommt eine ganze Liste weiterer Gefahren für die Biodiversität, zum Beispiel:
- Die intensive Landwirtschaft mit schweren Maschinen und Monokulturen führt unter anderem zu Bodenverdichtung, Bodenerosion und weniger Wasseraufnahmekapazität, was dem Bodenleben schadet.
- Überdüngung: In der intensiven Landwirtschaft werden Wiesen mit Stickstoff und Phosphor gedüngt, um für Nutztiere möglichst viel Futter zu erzeugen. Viele Pflanzenarten sind jedoch auf nährstoffarme Bedingungen spezialisiert. Bei einem zu grossen Angebot von Nährstoffen werden sie von schnell wachsenden Arten verdrängt. Damit verlieren auch zahlreiche Insekten und andere Tiere, die auf spezielle Pflanzen angewiesen sind, ihre Lebensgrundlage. Zusätzlich erreichen die Nährstoffe über die Atmosphäre auch entfernte Orte wie Moore, die besonders empfindlich auf zusätzliche Nährstoffe reagieren.
- Auch das Wasser und seine Bewohner sind nicht sicher vor Überdüngung mit Stickstoff und Phosphor durch landwirtschaftliche Quellen und Abwässer. Einige Flussmündungen und Küstengebiete sind so stark belastet, dass sie zu stinkenden, sauerstofflosen Todeszonen werden, wie der Golf von Mexiko oder das Arabische Meer.
- Umweltverschmutzung durch Pestizide und Giftabfälle
- Die Überfischung lässt die Population von vielen Arten einbrechen, sodass sie kurz vorm Aussterben stehen.
Die Biodiversität leistet viele sogenannte Ökosystemdienstleistungen für uns, wie die «Food and Agriculture Organization» der UNO festhält. Bienen, vor allem Wildbienen, und andere Insekten bestäuben zum Beispiel Nutzpflanzen wie Obstbäume. Tun sie dies nicht mehr, hat das katastrophale Auswirkungen auf die Landwirtschaft und somit auf die Ernährung der Menschheit.
Phosphor- und Stickstoff-Kreislauf
Die Anreicherung von Stickstoff-Nährstoffen in der Umwelt schadet nicht nur der Biodiversität. Auch wird aus gedüngten Böden vermehrt das Treibhausgas Lachgas (N2O) freigesetzt. Zusammen mit dem ebenfalls entgleisten Phosphorkreislauf zählt der globale Umgang mit den beiden Nährstoffen zu den planetaren Grenzen von höchster Gefahr.
Düngemittel in der Landwirtschaft sind natürlich wichtig, um Lebensmittel zu produzieren. Doch ihr übermässiger Einsatz wird dazu führen, dass weitere Teile der Ozeane zu sauerstofflosen Zonen werden. Dies könnte in der Erdgeschichte bereits einmal zu einem Massenaussterben geführt haben. Hinzu kommt, dass es voraussichtlich in 50 bis 100 Jahren keine bezahlbaren Phosphor-Dünger gibt, da phosphorhaltige Gesteine eine begrenzte Ressource sind.
Neue Gefahren
Weitere Überschreitungen unserer planetaren Grenzen wurden auch nach dem letzten Update von 2015 festgestellt. Darunter fällt die Verfügbarkeit von Süsswasser für Pflanzen. Während für uns Menschen prinzipiell noch genug Trinkwasser vorhanden ist, trocknen immer mehr Böden entweder aus oder sind ungewöhnlich feucht. Dies betrifft unter anderem Ackerböden, boreale Wälder und tropische Regenwälder, wie auch eine Studie von Lan Wang-Erlandsson von der Universität Stockholm aus dem Jahr 2022 zeigt.
Und auch «Novel Entities», wie sie seit dem Update der «Planetary boundaries» bezeichnet werden, bergen ein grosses ungewisses Risiko auf die Umwelt. Dabei handelt es sich um synthetische chemische Substanzen, darunter viele Pestizide, und modifizierte Lebensformen wie genetisch modifizierte Organismen, die sich in der Umwelt anreichern. Dabei sind sie eine Gefahr für die Ökosysteme, wenn sie entweder unbekannte, zu spät erkennbare, oder nicht leicht umkehrbare negative Effekte haben.
Sind wir zu viele Menschen?
Ein prinzipielles Problem, das die ganze Erde betrifft, ist die schiere Anzahl an Menschen. Es leben derzeit etwa acht Milliarden Menschen, bis Ende des Jahrhunderts sind über zehn Milliarden prognostiziert. Im Moment kann die Erde theoretisch alle Menschen mit Lebensmitteln und Ressourcen versorgen. Doch gelangen derzeit die Güter nur schlecht an diejenigen, die sie selber nicht produzieren können und doch dringend brauchen. Aber auch mit gleichmässiger Verteilung hat die Erde nicht genug Ressourcen für ein unendliches Wachstum.
Die Population des Menschen wird irgendwann stagnieren oder sogar einbrechen. Dezimiert werden könnte die Menschheit zum Beispiel durch Krankheitserreger, die in der Tierwelt lauern. Weil Menschen immer weiter in die natürlichen Lebensräume eindringen, Wälder abholzen, kommen sie vermehrt in Kontakt mit Wildtieren und treiben auch noch Handel mit ihnen. Die nächste Krankheit, die dadurch auf den Menschen überspringt, könnte eine viel höhere Todesrate haben als Sars-Cov-2. Damit ist eine weitere Pandemie nur eine Frage der Zeit.
Das Ende
Da wir es also vermutlich nicht schaffen werden, die Erde in ihrem jetzigen Zustand zu erhalten, bleibt nur die Frage, wie unsere halbwegs intakte Zivilisation enden wird. Wird die Erde wie wir sie kennen durch eine vom Menschen hervorgerufene «Naturkatastrophe» enden, also zum Beispiel durch ein Klima, dass Landwirtschaft grossflächig unmöglich macht? Oder wird sie eher durch einen Weltkrieg enden, der die Erde mit Radioaktivität oder Giften unbewohnbar macht?
Vor allem der russische Angriff auf die Ukraine ruft uns in Mitteleuropa wieder schmerzlich in Erinnerung, dass ein Krieg mit Atomwaffen im Bereich des Möglichen liegt. Neun Länder verfügen aktuell über Atomwaffen, darunter Russland, die USA, Nordkorea und Frankreich. Zwar würde das Zünden einer einzelnen Atombombe viel Leid verursachen, aber insgesamt für die Erde noch verkraftbar sein. Doch als Folge eines nuklearen Angriffs würden wohl weitere Atombomben eingesetzt und somit die Erde unbewohnbar gemacht.
Als Einzelereignis ist ein Atomkrieg die wohl wahrscheinlichste Ursache für das Ende des Lebens auf der Erde, wie wir es kennen. Die vielen Probleme, die der Mensch sich geschaffen hat, werden aber die Menschheit in Zukunft definitiv dezimieren und die Zivilisation akut gefährden und letzten Endes beenden. Nur radikale Änderungen hin zu einer umwelt-, natur- und ressourcenschonenden Lebensweise könnten dies verhindern, was aber momentan so gut wie unmöglich scheint.
Literatur
Rockström, J., Steffen, W., Noone, K., Persson, Å., Chapin, F. S., Lambin, E. F., … Foley, J. A. (2009). A safe operating space for humanity. Nature, 461(7263), 472-475. doi:10.1038/461472a
Johann Rockström und sein Team erstellten 2009 das Konzept der planetaren Grenzen. Publiziert in Nature.
Steffen, W., Richardson, K., Rockström, J., Cornell, S. E., Fetzer, I., Bennett, E. M., … Sörlin, S. (2015). Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet. Science, 347(6223), 1259855. doi:10.1126/science.1259855
Das Update von 2015 wurde ebenfalls in Nature veröffentlicht.
Dana Cordell, Jan-Olof Drangert, Stuart White (2009). The story of phosphorus: Global food security and food for thought. Global Environmental Change, 19 (2), 292-305. doi:10.1016/j.gloenvcha.2008.10.009
Phosphor-Dünger sind wichtig für die Landwirtschaft, doch globale Phosphor-Ressourcen sind beschränkt. Zum Artikel in sciencedirect.
Wang-Erlandsson, L., Tobian, A., van der Ent, R.J. et al. A planetary boundary for green water. Nat Rev Earth Environ 3, 380–392 (2022). doi:10.1038/s43017-022-00287-8
Sogenanntes grünes Wasser, also pflanzenverfügbares Süsswasser, ist global begrenzt. Zum Artikel in nature reviews earth & environment
Armstrong McKay, David I., et al. (2022). Exceeding 1.5° C global warming could trigger multiple climate tipping points. Science377.6611: eabn7950. doi:10.1126/science.abn7950
Durch die Klimaerwärmung könnte mehrere Klimakipppunkte überschritten werden und die Erwärmung weiter angetrieben werden. Zum Artikel in science
Im Netz
Novel chemical entities: Are we sleepwalking through a planetary boundary? Artikel von Mongabay «Novel Entities» sind vom Menschen hergestellte chemische Verbindungen oder modifizierte Lebensformen, die unbekannte, zu spät erkennbare, oder irreversible negative Effekte auf die Umwelt haben.
Untersuchung von SwissRe zu den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels (pdf)
Lister dytopischer Filme (Wikipedia)