Spielkultur im Verlagswesen
Im Gespräch mit Nico Barbat von Look Behind You
Eines unserer Lieblingsthemen betrifft Spielkultur im Printformat. Daher waren wir durchaus angetan, als wir über das Verlagsprogramm von Look Behind You stießen. Noch begeisterter waren wir freilich, als sich einer der Köpfe hinter diesem Angebot, Nico Barbat, sich dazu bereit erklärte, etwas mit uns zu plaudern.
Rudolf Inderst (RI): Lieber Herr Barbat, schön, dass Sie die Zeit gefunden haben für einen kurzen Gedankenaustausch. Mögen Sie sich bitte unseren Leser:innen kurz vorstellen?
Nico Barbat (NB): Gerne – vielen Dank für die Einladung zum Gespräch! Als Kind der 1980er Jahre wurde ich von zwei ganz unterschiedlichen Entwicklungen geprägt – von der technischen Revolution durch die Heimcomputer einerseits und von der grünen Bewegung der Gesellschaft andererseits. Die beiden Themen beschäftigen mich heute auch beruflich: Als Journalist und Projektleiter in den Medien habe ich mich auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit spezialisiert. Und im vergangenen Jahr habe ich mit einem guten Freund, Simon Neumann, und einigen freien Kollegen eine lange geplante Idee umgesetzt und den Special Interest Verlag Look Behind You an den Start gebracht.
(RI): Wir wollen heute auch über Ihre Verlagsarbeit sprechen. Könnten Sie uns diese bitte einmal vorstellen und auch darauf eingehen, wer eigentlich die Zielgruppe ihres Angebots ist?
(NB): Look Behind You spezialisiert sich auf die Themen Videospielkultur und Digitalkultur. Das ist ein weit gefasstes Themenumfeld, und die Zielgruppe ist entsprechend breit, zumal wir auch sehr unterschiedliche inhaltliche Projekte und technische Medientypen ins Auge gefasst haben. Die Produkte können ein belletristisches, physisches Buch über eine Spieleserie oder ein Kunstbuch über Gamedesign ebenso sein wie interaktive Dokumentationen über Computerhistorie oder Gamestudies – wir möchten uns hier bewusst keine Grenzen setzen, sondern als kleiner Verlag ganz gezielt Vorreiter in Sachen neuer Darstellungsformen sein. Die Gemeinsamkeit bei allen Arbeiten ist die Idee, die Hintergründe der Spiele- und Computerbranche intensiv zu beleuchten. Damit wollen wir eine Lücke in der Verlagswelt füllen, die im deutschsprachigen Markt weitestgehend unbesetzt ist. Neben guten englischsprachigen Titeln, die wir nach Deutschland bringen werden, wird es natürlich auch eine Reihe von originären Titeln geben.
(RI): Ich möchte mich an dieser Stelle auch für das Anschauungsexemplar von Die Geheimnisse von Monkey Island. Auf Kapertour mit Pixel-Piraten! von Autor Nicolas Deneschau bedanken. Vielleicht können wir ein wenig über das Zustandekommen dieses Buches sprechen?
(NB): Das Zustandekommen war tatsächlich etwas ungewöhnlich und irgendwie lustig. Wir wollten einen Testballon starten, um zu sehen, wie die Leser ein solches Projekt annehmen. Also haben wir ein paar Goldmünzen zusammengekratzt, ganz wagemutig die Leine ausgeworfen und Kontakt zu einem französischen Verlag aufgenommen. Ein paar Mails später war der Lizenzvertrag für Die Geheimnisse von Monkey Island unterschriftsreif. Gleiches haben wir mit Ubisoft für das Artbook Die Kunst von Assassin’s Creed Valhalla gemacht. Als wir mit den Kollegen von Ubi in Kanada gesprochen haben, war unser Verlag noch gar nicht gegründet. Ich muss allen Beteiligten auch nachträglich noch für das in uns gesetzte Vertrauen danken – das waren immer Gespräche auf Augenhöhe. Denn immerhin waren wir auf dem Feld die kompletten No-Names und hätten das Ganze auch locker vor die Wand setzen können.
Deshalb sind wir auch sehr zu glücklich, dass die ersten beiden Projekte gut bei den Lesern ankommen. Übrigens haben wir beim Monkey-Island-Buch ganz bewusst komplett auf Text gesetzt und keine Bilder gezeigt – wir wollten die Geschichte von Guybrush Threepwood erzählen und dabei einen anderen als den selbstverständlichsten Weg gehen. Und das hat bislang ja ganz ordentlich geklappt.
(RI): Am Ende möchte ich noch einmal auf einen Ausblick zu sprechen kommen: Spielkultur und Print bringt man zwar durchaus in Deutschland immer wieder im Kopf zusammen, aber wie ist der Markt aus Ihrer Sicht? Was sind seine Herausforderungen und wie kann er sich entwickeln in den nächsten, sagen wir, fünf Jahren?
(NB): Ich bin der Überzeugung, dass beide Kulturgüter perfekt zusammenpassen. Das Buch ist ein tolles Medium, um Spielkultur, die ja immer wichtiger wird, zu feiern. Aber es gibt natürlich viele andere geeignete Formate, die sich für anspruchsvollen Journalismus auch im Umfeld Videogames anbieten – es muss nur jemand probieren. In der sich so stark verändernden Medienwelt hocken viele Medienunternehmen wie das Karnickel vor der Schlange, mit halbherzigen Digitalisierungsstrategien und in Panik vor den neuen Playern, die links und rechts überholen. Dabei bietet der Markt so viele spannende Chancen für Multikanal-Konzepte.
Für uns bedeutet die Arbeit in der Nische ideale Möglichkeiten, das Publikum gezielt anzusprechen. Ich persönlich liebe Print als Medium, aber wir selbst kommen aus der digitalen Welt und sehen hier auch einen wichtigen Teil der Zukunft der Branche. Wir können davon ausgehen, dass der Medienmarkt im Umfeld Spielkultur in den nächsten Jahren stark wachsen wird. Das hat aus meiner Sicht drei Gründe: Die beiden Themen nähern sich inhaltlich immer weiter an. Die Spieler verteilen sich zunehmend über alle Generationen und Geschlechter. Und dadurch bedingt wird das Bewusstsein für Spiele als echtes Kulturgut nachhaltig steigen.
(RI): Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!
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Das digitale Zuhause des Verlags ist www.lookbehindyou.de. Er ist auch auf Facebook, Instagram, Twitter und bald auf Twitch und Spotify zu finden.