Verschlüsselt

Neuerscheinung

Von Stephen Pincock (Wissenschaftsjournalist) und Mark Frary (Autor, Moderator, Wissenschaftler)
Untertitel: Die Geschichte geheimnisvoller Codes von den Hieroglyphen bis heute
Englisches Original: The Story of Codes
Haupt Verlag 2023, gedruckt in China*

Am Anfang steht das Geheimnis – und das Bedürfnis, dieses einem anderen Menschen schriftlich mitzuteilen. Damit nicht Unbefugte die Nachricht lesen können, hatten Menschen schon vor tausenden Jahren die Idee, Informationen zu verschlüsseln.

In „Verschlüsselt“ rollen die Autoren Stephen Pincock und Mark Frary die Geschichte der Kryptologie auf und zeigen, wie sich die Technik der Verschlüsselung im Laufe der Zeit entwickelte. Während Gaius Iulius Caesar seine Geheimnisse noch mit einfachsten Mitteln verschlüsseln konnte, wurden die Methoden der Verschleierung in den folgenden Jahrhunderten immer raffinierter. Der Grund für diesen Fortschritt liegt auf der Hand: Es sind die ebenfalls immer ausgefuchsteren Methoden der Codeknacker, die den Übermittlern von Geheimbotschaften das Leben schwer machten.

Eine Fülle an Geschichten
Diesen faszinierenden Wettkampf, bei dem es zuweilen um Leben und Tod ging, zeigen Pincock und Frary anhand zahlreicher Beispiele. Das Buch ist gespickt mit Episoden von erfolgreichen Kryptoanalytikern und dem ständigen Versuch der Codehersteller, ihnen einen Schritt voraus zu sein. Solche Episoden finden sich im Haupttext und weitere sind als Exkurse auf jeweils grau-grün hinterlegten Seiten zu finden. So zum Beispiel ein Text zum Voynich-Manuskript, über die Chiffren von Edgar Allan Poe und natürlich darf Enigma nicht fehlen, die legendäre Chiffriermaschine der Nazis. Auch das Thema Kryptowährungen wird besprochen.

Ein paar Seiten sind zudem der Kryptologie in der Literatur gewidmet. Viele Schriftsteller zeigten sich in der Vergangenheit fasziniert von Verschlüsselungen und geheimen Texten. So auch Arthur Conan Doyle, der seinen Meisterdetektiven Sherlock Holmes ebenfalls zum (natürlich erfolgreichen) Kryptoanalytiker werden lässt.

Der Haupttext gibt mehr oder weniger chronologisch die wichtigsten Schritte der Kryptologie wieder. Auf separaten, blau hinterlegten Seiten findet man Erläuterungen zu Chiffren und Codes: Hier erklären die Autoren, wie genau ver- und wieder entschlüsselt wird. Als Leserin kann man den Erklärungen recht gut folgen – bis zu einem gewissen Grad der Komplexität. Später, wenn das Buch zu den Verschlüsselungstechniken der Gegenwart kommt, wird es für den Laien zunehmend schwierig, alles bis ins Detail zu verstehen, es sei denn, man sei von Haus aus Mathematiker/in.

Gegenwart und Zukunft
Und so wird man sich beim Lesen bewusst, dass das Thema Kryptologie mehr ist als eine nette Knobelei für Zwischendurch. Es ist für die Gegenwart höchst relevant und auch brisant. Wie sicher sind unsere Daten und damit wir vor deren Missbrauch? Können Kriminelle, Konzerne oder Geheimdienste dank „Hacks“ oder „Hintertüren“ in der Verschlüsselungssoftware alles mitlesen? Das Buch liefert hier keine Antworten, aber immerhin Denkanstösse. 

Welche Art der Verschlüsselung wann eingesetzt wird, hängt unter anderem auch von der Relevanz der Botschaft ab. Je wichtiger sie ist, desto ausgeklügelter und aufwändiger die Verschlüsselung. Auch das lernt man beim Lesen des Buches – es ist als nicht zu erwarten, dass wir, um unsere privaten E-Mails zu codieren bald auf Quantenverschlüsselung zurückgreifen werden, dafür sind sie zu unwichtig.

Zum Thema Kryptologie und deren Geschichte sind bereits mehrere Bücher auf dem Markt. Unter anderem Geheime Botschaften – Die Kunst der Verschlüsselung von der Antike bis in die Zeiten des Internet (sic) von Simon Singh. Wer sich für das einerseits unterhaltsame und anderseits für die heutige Zeit extrem wichtige Thema der Kryptologie interessiert, hat also die Qual der Wahl. Das vorliegende Buch darf sicher in die engere Auswahl genommen werden.

Codes und Chiffren
Leider gibt es verschiedene Definitionen der Begriffe Code und Chiffre, was zu Verwirrung führen kann.
Im Buch wird folgende Definition verwendet:
Chiffren und Codes sind zwei verschiedene Methoden der Verschleierung – als Überbegriff könnte der Begriff Verschlüsselung genannt werden.
Bei Chiffren wird der einzelne Buchstabe eines Textes durch ein anderes Symbol – zum Beispiel einen anderen Buchstaben oder eine zweistellige Zahl – ersetzt. In der Regel nicht immer durch den oder die selben, denn sonst wäre die Chiffre leicht zu knacken.
Codes funktionieren auf andere Weise. Hier werden zum Beispiel ganze Wörter oder Wortgruppen durch andere Zeichen oder andere Wörter ersetzt. Wichtig ist hier die Bedeutung des Wortes, sie soll in erster Linie verschleiert werden. Auch hier ist es von Vorteil, wenn es sich nicht immer um dasselbe Ersatz-Wort oder dasselbe Ersatz-Symbol handelt – denn durch Wiederholungen entstehen Muster, die ein Codeknacker nutzen kann.
Beide Verschlüsselungsarten können natürlich kombiniert werden.
Beispiel (nicht aus dem Buch)
Originaltext: Knäckebrot ist ein Lehnwort aus dem Schwedischen.
Chiffre: Nqäfnheurw lvw hlq Ohkqzruw dxv ghp Vfkzhglvfkhq.
(Hier wurde die nach Gaius Iulius Caesar benannte Cäsar-Verschlüsselung verwendet, d.h. jeder Buchstabe wurde ersetzt durch denjenigen, der im Alphabet drei Stellen weiter hinten steht.)
Code: Fisch ist eine Kirschtorte aus 639.
(Hier wurden ganze Wörter ersetzt. Der Sender und der Empfänger können z.B. in geheimen Codebüchern oder Listen nachschlagen, welches Wort wie zu ersetzen ist).

*Dass das Buch in China gedruckt wurde, bedauert der Haupt-Verlag. Bei Linzenzausgaben, wie diesem Buch, entscheidet jedoch der Original-Verlag (Elwin Street Productions), wo gedruckt wird.
Die erste Auflage dieses Buches kam bereits einmal als deutsche Übersetzung heraus, im Jahr 2007 unter dem Titel Geheime Codes: Die berühmtesten Verschlüsselungstechniken und ihre Geschichte.
Das vorliegende Buch ist eine vollständig überarbeitete und erweiterte Fassung.

Beitragsbild: Enigma (Codiermaschine) im Museo scienza e tecnologia Milano (Copyright liegt dort).





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