Manu Joseph: „Ernste Männer“

Ernste Männer mit Humor

Manu Joseph: „Ernste Männer“ (Roman)

In Armut aufgewachsen, setzt Ayyan Mani alles daran, aufzusteigen. Doch in  Indiens Klassengesellschaft bleibt ihm dieser Wunsch verwehrt. Zusammen mit seiner Frau und seinem schwerhörigen Sohn Adi bewohnt er 17 Quadratmeter. Gerade genug zum Leben verdient er sich als Sekretär im Institut für Theorie und Forschung in Mumbay – dem Ort, wo die gebildetsten Professoren den schwierigsten Fragen des Universums nachgehen. Das bringt ihn auf eine Idee, die auch den Lesern grossen Spass macht.

Von Fee Anabelle Riebeling.

ernstemännerZum Greifen nah ist die Welt der Bessergestellten für Ayyan Mani. Kein Wunder also, dass er seinen sehnlichsten Wunsch nicht einfach aufgibt und statt Trübsal zu blasen, das Beste aus seiner Situation macht. Um seinem Sohn eine bessere Zukunft zu bieten, aber auch um sein eigens Leben aufregender und unterhaltsamer zu gestalten, stilisiert er den 10-jährigen Adi zum Wunderkind. Mit kindischer Freude trichtert er seinem Sohn komplexe Fragen für den Schulunterricht ein, bringt ihm wissenschaftliche Fachausdrücke bei und lässt ihn von einem befreundeten Journalisten in den Medien zum cleversten Jungen seines Alters erklären.

Geteiltes Leid

Aber auch die über ihm stehenden und vermeintlich glücklicheren Professoren haben so ihre Sorgen. Zu den internen Streitereien am Institut gesellen sich bei einzelnen auch private Nöte. Denn sie träumen alle von einem anderen Leben, sind aber – wie der pfiffige Ayyan Mani – schlussendlich Gefangene ihrer selbst: Ihres Berufes, ihrer Kaste und nicht zuletzt auch ihres Geschlechts. Sie bemerken nicht, wie der vermeintlich passiv-ausführende Sekretär sie nach und nach immer mehr vorführt.

Trotz der vielen ernsten Männern ist der nach ihnen benannte Roman kein trübseliges Buch. Ganz im Gegenteil: Der heimliche Held Ayyan Mani rächt sich mit kleinen Gemeinheiten an den Bessergestellten, freut sich darüber diebisch und erobert damit im Sturm die Herzen der Leser. Autor Manu Joseph, in seinem anderen Leben seriöser Journalist, lässt den Leser teilhaben an der Gedankenwelt seiner Protagonisten. Das bringt einem nicht nur die gut konstruierten Figuren näher, sondern auch das moderne Indien – in all seiner Farbenpracht, aber auch mit all seinen Zwängen.

Seite an Seite

Underdog Ayyan Mani steht in seinem Kampf gegen die anderen nicht alleine da. Auch sein Schöpfer Manu Joseph wagt die Auflehnung: Zwischen den Zeilen versteckt stellt er die Rolle der Religion, des Patriarchats und nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Berufsgruppe in Frage. Er spricht von Korruption und Kollegen, die für eine gewisse Summe auch gerne einmal Unwahrheiten verbreiten. Das ist ehrlich, aber auch riskant. Und unglaublich lesenswert. Joseph schafft es, dass keiner seiner Charaktere das Gesicht verliert. Sie alle wachsen einem ans Herz.

Der Autor meint es gut mit seinen Lesern. Sein Erstlingsroman ist keine Comedy, sondern hat einen realen Hintergrund. Trotzdem möchte man sich beim Lesen so mancher Stelle vor Lachen auf die Schenkel klopfen. Joseph liebt den pfiffigen Sekretär und so gönnt er ihm jede Menge Spass in seinem trostlosen Alltag und viele, viele kleine Triumphe. Und dies sehr zur Freude der Leser. Denn des Autors Zuneigung für den Underog ist höchstgradig ansteckend, seine Freude an Streichen ist ein wahrer Genuss. Und so hofft man auf jeder Seite auf eine weitere „Racheaktion“ und hat gleichzeitig Angst, dass die herrlich lebendige Geschichte bald ein viel zu frühes Ende findet.


Titel: Ernste Männer
Autor: Joseph Manu
Übersetzerin: Anke Burger
Verlag: Klett-Cotta
Seiten: 357 Seiten
Richtpreis: CHF 33.50


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